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MIRJAMS SIEGESGESANG:



      „ZWISCHEN HÄNDELS ERNST UND BEETHOVENS FEUERGEIST”




        ENS bringt Rarität des                 „Die sehr umfang-
        späten Franz Schubert                   reiche Solopartie der

        in Orchesterfassung                     Sopranistin  ist  äu-

        zu Gehör                                ßerst anspruchsvoll“,
                                                schreibt Theo Römer
        1828, im Jahr seines frühen  über Schuberts Werk
        Todes, komponierte Schubert  auf der Website des

        die Kantate Mirjams Sieges- Verbandes  deutscher
        gesang op. 136 für Solo, Chor  Konzertchöre, „und
        und Klavier; eine Orchestrie- verlangt                   neben
        rung war sicher geplant, kam  Durchhaltevermögen
        aber nicht mehr zustande. Der  und gestalterischer

        Text Franz Grillparzers greift Vielseitigkeit  einen
        den  biblischen  Lobgesang  der  weiten                 Stimm-
        Prophetin Mirjam, der Schwes- umfang vom tiefen                                           Illustration von
        ter Arons, auf. Mirjam hatte  Ais in der Großen Oktave bis                                Mirjam von

        ihn angestimmt, nachdem die  zum dreigestrichenen hohen                                   Ephraim Moses
        Israeliten durch ein Wunder  C.“
        trockenes Fußes das Rote Meer
        durchquert und so der Ver-
        folgung des Pharaos entgangen
        waren (2. Mose 15,20).



        Die Komposition kann als ein
        kleines Oratorium begriffen
        werden, in der Schuberts Be-
        schäftigung mit den Oratorien
        Händels hörbar wird, was auch
        die heitere Stimmung der Kan-                                                                   Partitur-Foto:
        tate im Umfeld der doch eher                                                                    ©  Petrucci
        düsteren Musik des späten                                                                       Music
        Schubert ein wenig erklärt. Die                                                                 Library,

        Uraufführung im Januar 1829                                                                     gemeinfrei
        hat Schubert nicht mehr er-
        lebt. Zeitgenössische Zuhörer
        empfanden damals eine Ver-
        bindung von „kräftigem Ernst
        eines  Händel  mit  Beethovens
        Feuergeist“.
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